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Gustav Klimt
Josef Hoffmann
Oswald Oberhuber
Die Kunst der Linie. Vom Wiener Jugendstil zur Moderne. Drei Positionen. 3 Ausstellungen
vom 10. Juli bis 26. September 2010
in der Stadhalle, der Zehntscheuer und der Rathausgalerie Balingen
Mit Gustav Klimt (1862-1918), dem Maler und Zeichner der Wiener Jahrhundertwende,
dem Entwerfer Josef Hoffmann (1870-1956), und Oswald Oberhuber (*1931) als zeitgenössischem
Künstler zeigt die Stadt Balingen drei Positionen der österreichischen Kunst der letzten hundert Jahre.
Gustav Klimt gilt nicht nur als die international bekannteste Figur des Jugendstils, sondern auch als Wegbereiter
der ,Modernen Malerei' in Österreich.
Als Präsident der ,Wiener Secession', die er 1897 zusammen mit seinem Weggefährten Josef Hoffmann und anderen
Künstlern gründete, stand er an der Spitze eines Reformwillens, der Wien zur Metropole einer neuen Kunstauffassung
machte. Mit dieser neuen Kunstform, dem Jugendstil, wollten die Künstler auf alle Bereiche des Lebens einwirken.
Sie strebten nach dem für die Jahrhundertwende so bedeutenden Gesamtkunstwerk, das eine Synthese der verschiedenen
Kunstgattungen bilden sollte. Diese Idee manifestierte sich vor allem im neugebauten, tempelartigen Secessionsgebäude
an der Linken Wienzeile, in der Nähe des Karlsplatzes, wo 1902 die wohl bedeutendste Gesamtkunstwerksausstellung zum
Thema ,Beethoven' gezeigt wurde.
Von Josef Hoffmann stammen die Raumgestaltung und das Raumprogramm, dessen Verlauf auch Klimts Beethovenfries folgte.
1903 gründete Josef Hoffmann mit zwei weiteren Secessionsmitgliedern die ,Wiener Werkstätte', die sich vor allem
für die künstlerische Aufwertung der Bereiche Möbel, Grafik und Kunsthandwerk einsetzte. Auch Klimt arbeitete von
1904 bis 1910 im Auftrag der Wiener Werkstätte an seinem Mosaikfries für das Palais Stoclet in Brüssel - mit
dessen Bau Josef Hoffmann beauftragt war. Welchen Einfluss diese Künstlervereinigungen auf die folgenden
Generationen hatte, zeigt deren starke Auseinandersetzung mit den Wiener Vorbildern in den nächsten Jahrzehnten.
So überführte der Maler, Bildhauer und Grafiker Oswald Oberhuber als Rek-tor in den neunziger Jahren die
,Kunstgewerbeschule' in die ,Universität für angewandte Kunst'. Schon seit 1899 (bis 1936) hatte Josef
Hoffmann an dieser Institution als Lehrer gewirkt. Ihm widmete Oswald Oberhuber 1987 die erste große Retrospektive
in Österreich.
Klimts Ausführungen seiner Deckengemälde, Gemälde und Zeichnungen beschreiben den Weg vom akademischen
Stil des Historismus des 19. Jahrhunderts zu einer bewussten Abkehr und lebensnäheren Erneuerung der
Künste zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Die Linie ist Klimts wichtigstes Stil-element, die er in seinen
Figuren und Motiven sensibel einsetzte und in einen spannungsreichen Dialog mit der strengen Komposition
zu setzen wußte. Die ornamentale Ausführung verdeutlicht Klimts Hinwendung zum Gesamtkunst-werk, die ganz
besonders auch Josef Hoffmann als Architekt, Innenraumge-stalter und Designer vertrat.
So lässt sich die speziell Wienerische Spielart des Jugendstils mit seinem geometrisch-linearen Formen
durch diese beiden Künstler besonders gut darstellen. Oberhuber regiert darauf und sein Werk markiert damit den
Übergang von der Wiener Moderne zur österreichischen Kunst nach dem Zweiten Weltkrieg.
Zusammenfassen könnte man das dreiteilige Ausstellungsprojekt unter ,Linienkunst', dem Zitat
des Kunstkritikers Franz Servaes, einem Zeitgenossen von Klimt und Hoffmann. Er verwendete den Begriff 1902
in jener Ausgabe der Secessions-Zeitschrift ,Ver Sacrum', die zur Ausstellung des Beethoven-frieses erschien.
Rudolf Greiner / Annette Vogel
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