Startseite
|
Christian Scott aTunde Adjuahin Sudhaus Tübingen am Donnerstag, den 10.11.2016Logan Richardson, saxophon Lawrence Fields, piano, keys Luques Curtis, bass Corey Fonville, drums Ist das Jazz? Man glaubt fast auf einem HipHop Konzert gelandet zu sein. Die Band jung, schrill gekleidet, die Musik wild, rockig, spacig, so gar nicht jazzig jedenfalls. Die etwa 200 durchaus älteren Gäste sind zunächst irritiert, lassen sich aber immer mehr von dem Groove mitziehen. Christian Scott spielt eine seiner selbst designten, typischen Trompeten, das Schallrohr zeigt schräg nach oben. Die ersten fulminanten, energiegeladenen Stücke sind von Scotts letzter CD "Stretch Music" (2015). Christian Scott, 1983 in New Orleans, der "Wiege des Jazz", geboren, gilt als Ausnahmetalent an der Trompete. Man vergleicht ihn natürlich mit Miles Davis, auch weil seine Kreativität keine Grenzen kennt und er sich auf diverse Stile kapriziert, aber das ist gerade das Interessante an dem jungen Trompeter. Er ist auch politischer Mensch und nützt die Bühne für pointierte Äußerungen. Als Schwarzer erlebt er täglich den unterschwelligen Rassismus in den USA, den er in Songs wie "Ku Klux Police Department" kritisch thematisiert. Die Musik kommt beim Konzert im Sudhaus leider fast zu kurz, denn nachdem Scott seine dicke Jacke abgelegt hat, stellt er jeden seiner vier Mitmusiker mit netten, ausführlichen Anekdoten vor. Die Zuhörer sind durch die launigen Beschreibungen prächtig unterhalten, doch der Flow der Musik geht etwas verloren. Musikalischer Höhepunkt des Konzerts ist zweifelsohne das Stück "The Last Chieftain", das Scott seinem Großvater, einem Indianderhäuptling widmet. Dieser Prägung zollt der Trompeter Respekt indem er sich Christian Scott aTunde Adjuah nennt. Die tolle Band mit den inspirierten Mitspielern versucht dies durch entsprechende Rhythmen abzubilden. Mit auf der Bühne stehen sein langjähriger Kumpel, der Saxophonist Logan Richardson, Luques Curtis am Kontrabass, Lawrence Fields an den Tasten und der ganz junge Drummer Corey Fonville mit aufgetürmtem Rasta Beehive, der schon als Jugendlicher in Scotts Band spielen wollte. Kontrabass, Fender Rhodes und Schlagzeug weben zuweilen einen Teppich, der nach HipHop klingt, es fehlt eigentlich nur der Sprechgesang, dafür duellieren sich Trompete und Saxofon aufs Schärfste. Überraschend geht die Band nach viel zu wenig echter "Musikzeit" ab, doch die Zuhörer wollen mehr. Zurück auf der Bühne, sagt Scott: "Ok, let's play some Jazz now" und bringt damit zum Ausdruck, dass man vorher durchaus was anders gehört hat. Seinem großen Vorbild Miles Davis widmet er die klassische Hardbop-Nummer "Walkin" und lässt zum Abschluss einen Standard aus dem Real Book folgen: "My funny Valentine" von den Musicalgrößen Rogers/Hammersmith. Diese eher traditionell gehaltenen Versionen zeigen, wie weit sich Scott bei seinen eigenen Kompositionen vom "Good old Jazz" entfernt hat und dennoch gilt für sein Werk: Das ist Jazz! Helmut Hugo Burkhardt
|