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SWR NEWJazz Meeting 2017Spider's Eggim Sudhaus Tübingen am 25. November 2017Genevieve Artadi, Vocals, Keyboards David Binney, Altsaxofon Sebastian Gille, Tenorsaxofon Frederico Heliodoro, Elektro-Bass Antonio Loureiro, Schlagzeug Kollaboratives Klang- Projekt mit formidablen Solisten!Wie jedes Jahr öffnet SWR2 seine Überraschungskiste NEWJazz Meeting und niemand weiß, was zu erwarten ist. Doch das ist gerade das Spannende: Der SWR stellt eine Band zusammen, die in dieser Form noch nie zusammengespielt hat. Das Experiment (einige Probetage im Studio, dann gemeinsame Auftritte) gelingt nun schon seit 50 Jahren. "Jazz-papst" Joachim Ernst Berendt kreierte dieses Format und verhalf so vielen unbekannten Musikern zum Durchbruch, es sei nur Bobby McFerrin erwähnt."Spider's Egg" nennt der diesjährige Kurator, der 24-jährige Gitarrist Pedro Martins aus Brasilia sein kosmopolitisches Projekt, das er mit zwei weiteren brasilianischen Musikern (Frederico Heliodoro und Antonio Loureiro), David Binney aus New York und Sebastian Gille aus Köln (!) zusammengestellt hat. Optisch und musikalisch bereichert wird diese Assemblage durch die angesagte Elektro-Pop Chanteuse Genevieve Artadi aus Los Angeles, bekannt aus ihrem Pop-Duo "Knower" und der Zusammenarbeit mit "Snarky Puppy"... Ausgerechnet Altsaxophonist David Binney, der "Altmeister" in der blutjungen Band, eröffnet das Konzert mit einigen kratzigen, elektronischen Loops aus der Laptop-Konserve, doch - oh Jazzwunder - Pedro Martins übernimmt mit seiner swingenden, perlenden Gitarre das Vorspiel und entführt die Zuhörer mit sambaähnlichen Melodien nach Brasilien. Untermalt wird "Fuki's tune" mit Vocals diverser Musiker - natürlich auch mit der Stimmen der Sängerin Genevieve Artadi, die immer mehr in den Blickpunkt rückt. Wann sieht man schon mal eine Band mit zwei Saxophonisten, die auch so unterschiedlich spielen und doch unheimlich gut zusammenarbeiten. Dem jungen Tenorsaxophonisten Sebastian Gille zuzuhören und zuzusehen macht Spaß. Er holt das Letzte aus sich heraus, spielt gebückt voller Inbrunst; mal volle Lautstärke, mal überbläst er sein Instrument ganz zart. Beeindruckend! Der heimliche Star, David Binney am Altsaxophon, der Mastermind hinter der letzten CD "Black Star" von David Bowie, stellt sich ganz in den Dienst des Kollektivs, aus dem keine(r) herausragt. "Es wird ein sehr kollaboratives Projekt werden. Neben mir werden alle Musiker eigenes Material einbringen", meint Pedro Martins. Und so ist es auch, alle Musiker steuern eigene Kompositionen bei, die meisten unter der Mitarbeit von Artadi, die gelegentlich auch in das Keyboard greift. Das anfangs noch sperrige Musik-Gebilde beginnt zu grooven, die beiden Saxophonisten und die exzellente Rhythmusgruppe, vor allem Antonio Loureiro am Schlagzeug, heben ab. Die Sängerin legt sich mit ihrer fragilen, oft nur gehauchten Stimme lautmalerisch darüber, unterstützt von den beiden "Background"- Vokalisten Martins und Frederico Heliodoro (E-Bass), der mit seinem kreativen Spiel weit mehr als nur Rhythmus abliefert. Die Band kann aber auch stimmungsvolle, ruhigere Stücke voller Atmosphäre wie "Winter" von Sebastian Gille. Es ist schier unglaublich, dass den Musikern in nur wenigen Probetagen ein solch intensiver; abwechslungsreicher, Stile und globale Grenzen überspringender Mix modernster Großstadtmusik gelungen ist. Schade nur, dass diese formidable Band wohl nie wieder in dieser Besetzung zusammenspielen wird - aber einen Trost gibt es: Der SWR hat natürlich mitgeschnitten, wird das Beste aus den drei Konzerten senden und auch eine CD wird daraus destilliert. Immerhin etwas was bleibt! Helmut Hugo Burkhardt
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